Ein Besuch im Arboretum Poort Bulten - de Lutte, Niederlande
Was bedeutet denn überhaupt Arboretum?
Der Begriff soll zum ersten Mal 1838 von John Claudius Loudon verwendet worden sein. Unter einem Arboretum (lat.:arbor = Baum) versteht man eine Sammlung von lebenden Bäumen und Sträuchern als Anschauungs- und Lehrobjekt. Dieser kann in einen botanischen Garten eingegliedert sein oder aber ein eigenständiges, reines Arboretum.
Besondere Anziehungspunkte sind seltene oder äußerst alte Exemplare. Bei den Sammlungen wird oft von Taxa gesprochen. Taxa laut Wahrig Wörterbuch = das Taxon (Plural die Taxa) systematische Kategorie wie z. B. Stamm, Klasse, Ordnung, Familie, Gattung, Art.
Das bekannte Arboretum Trompenburg in Rotterdam zum Beispiel hat eine Fagus-Sammlung mit 100 Taxa und eine Quercus-Sammlung mit 280 Taxa.
Mein erstes Arboretum
Im Juli 2003 habe ich das relativ unbekannte Arboretum Poort Bulten in de Lutte besucht.
Kurzinfo: Täglich geöffnet. Gratis Eintritt. Fläche 19 ha inkl. Naturteiche, Waldrand und Weiden. Arboretum: 8,6 ha. Ungefähr 2500 Bäume und Sträucher in 1000 Arten und Sorten.
1 Lehrpfad für Sehbehinderte und Blinde. Findlingsroute. Bienenhaus. Begonnen 1910 als Pinetum des Textilfabrikanten Gelderman. Dickstes Exemplar: Sequoiadendron giganteum Stammumfang: knapp 6 m.
Abendstimmung
In aller Ruhe (nur ca. 20 Besucher) konnte ich im milden Abendlicht alle Bäume und Sträucher bewundern. Rechts vom Eingang kam ich in den Ulmenbereich und sofort fiel mir Ulmus glabra ‘Lutescens’ auf. Auf dem Schildchen stand auf Deutsch Gold-Bergulme (ruwe iep, goudiep), und ihre hellgrün, leuchtenden Blätter bildeten einen reizvollen Kontrast zu der dunklen Rinde. Die Blätter fühlten sich rauh (Botanica: borstelig) an. Zwergulme könnte für kleine Gärten interessant sein.
Von der weißrindigen Himalayabirke (Betula utilis ‚Doorenbos’) mußte ich unbedingt ein Foto machen.
Fruchtstände
Betula costata hat eine auffällige Rinde und raffinierte Früchte. Die glänzenden Fruchtstände der Grünerle sahen beinahe aus wie unechte Weihnachtsdeko. Gewöhnungsbedürftig, aber attraktiv, die herabhängenden, flaumigen Früchte des Pterostyrax hispida (Steifhaariger o. Hoher o. Borstiger Flügelstorax)
Wenn ein Strauch Saphirbeere heißt, bedauert man es schon, zu früh dort zu sein und nur grüne Beeren zu sehen. Symplocos paniculata konnte ich im Botanica nicht finden, ist aber in den Niederlanden erhältlich. Halesia carolina, der Schneeglöckchenbaum, kann ja nur entzückenden Blüten haben, aber die 4-flügelige Frucht fand ich auch sehr attraktiv. Man könnte sie im Herbst aussäen. Sie soll auch als junger Baum schon gut blühen.
Ahorn-Bereich
Die Vielfalt ist für jemanden, der sich gerade erst an das Thema Baum herantastet, erstmal umwerfend. Man betrachtet die Blätter von allen Seiten. Dabei entdeckt man die silbrig-weiße Unterseite des Laubs vom Acer saccharinum, die ihm seinen deutschen Namen (Silber-Ahorn) gab.
Man entdeckt die satten Farben der japanischen Fächerahorne im Gegenlicht und wunderliche Blattformen. Gut gefielen mir bei den Japanern Acer palmatum ‚Shojo Nomura’ und ‚Tsuchi-gum’, letzterer hat erst bräunliche, dann grüne und im Herbst gelb bis orange Blätter. Aber auch die unreifen Flügelfrüchte sind überraschend unterschiedlich. Beim Acer circinatum, dem Weinblatt-Ahorn, z.B. auffallend waagerecht.
Raritäten
Eine Eiche fiel mir besonders auf, weil sie mich an die Steineiche erinnerte. Quercus trojana (auch Quercus macedonica - Beschreibung siehe Link unten) zeichnet sich durch ganzrandige Blätter aus, die an Buchen erinnern und soll wintergrün sein.
Besonders angetan hatte es mir die vielmännige Schönulme (Euptelea polyandra), die ihrem Namen alle Ehre macht. Frischgrüne gesunde Blätter, manche rosa überhaucht an der Blattspitze. Sehen zum Anbeißen aus und stehen auch tatsächlich in China mit Öl und Salz auf dem Essenstisch. In Einzelstellung machte ihre gefällige Wuchsform eine gute Figur. Ganz entzückende winzige Früchte.
Tierwelt
Ein Bussard zog seine Kreise am Himmel. 60 Nistkästen gibt es im Arboretum. Es brüten dort u.a. Waldkauz, Kleiber, Grauschnäpper und Trauerschnäpper.
Lohnt sich ein Besuch?
Ein Besuch lohnt sich für alle möglichen Menschen. Ob ganze Familie oder Einzelkämpfer, ob sportlich oder gehbehindert: jeder kann auf seine Kosten kommen. Alle Sinne werden stimuliert: sehen, riechen, fühlen, hören (bei Regen oder Wind).
Da das Arboretum Poort Bulten grenznah liegt, besteht die Hälfte der Besucher aus Deutschen. Jede Jahreszeit hat ihre Reize, und ich bedauere ausgerechnet jetzt zur Kastanienblüte nicht hinfahren zu können, denn es gibt viele interessante Kastanienarten dort .
Links
Website "Naturlijk Punten" - Beschreibung des Arboretums leider nur auf Niederländisch
Botanischer Garten Bochum - Scans und Abbildungen u.a. von Gehölzen
Die Eiche und ihr Kult - Beschreibung der mazedonischen Eiche (Quercus macedonica syn. Q.trojana)
University Connecticut: Pflanzen-Datenbank - Gehölze bestimmen anhand vieler Fotos! Habitus, Sommerlaub, Herbstlaub, Früchte und Rinde (englisch)
Ismene - Text und Bilder © 8.5.2004
Letzte Aktualisierung: 7.5.2004 - © Garten-pur GbR