Galanthus - Schneeglöckchen

Eine der ersten Pflanzen, die sich häufig noch durch den Schnee nach oben kämpft, ist das Schneeglöckchen. Das hier heimische Schneeglöckchen ist Galanthus nivalis. Der Ursprung des Namens Galanthus ist griechisch: gala = 'Milch', anthos = 'Blume'. Nivalis ist ebenfalls griechisch und bedeutet 'schneeweiß'. Weiß blühende Zwiebelpflanzen wurden eine lange Zeit Leucoion = gr. 'Weißes Veilchen' genannt. Erst Linné ordnete die Schneeglöckchen einer eigenen Gattung 'Galanthus' zu.

Das Schneeglöckchen gehört zu den Amaryllisgewächsen (Amaryllidaceae). Es zeigt bei uns schon im Februar die ersten Blattspitzen und spätestens Anfang März erblühen auch in kühleren Gegenden die kleinen, weißen Glöckchen an einzelnen Stängeln. Das Schneeglöckchen gehört in Deutschland zu den so genannten Zeigerpflanzen. Mit seiner Blüte wird der Vorfrühling eingeleitet - etwa zeitgleich mit Winterling (Eranthis hyemalis) und Haselnuss (Corylus avellana). In der Regel beginnt der Vorfrühling in Deutschland zuerst im milden Rheingau, wandert dann langsam nach Südosten, um zuletzt im rauen Südbayern anzukommen. Dazwischen können zwei bis vier Wochen Unterschied liegen.

Das Schneeglöckchen ist eine ausdauernde Zwiebelpflanze. Aus der etwa 1 cm großen Zwiebel wachsen jeweils ein Blütenstängel und ca. drei grundständige, lineale, graugrüne Laubblätter. Die Pflanze wird ca. 15 cm hoch. Am Ende des Blütenstängels sitzt endständig und nickend eine einzelne, hängende Blüte mit drei äußeren weißen und drei inneren, innen grünlich gestreiften Blütenblätter. Typisch für Amaryllisgewächse ist der unterständige Fruchtknoten.

Nach der Blüte, ungefähr im Mai, ziehen sie ein. Vorher sollte man die Stellen, an denen Schneeglöckchen wachsen, nicht mähen.

Standorte

Unsere heimischen Schneeglöckchen (Galanthus nivalis) bilden Horste und sie breiten sich an zusagenden Plätzen gut aus. Sie lieben den Halbschatten und frische, humose, nahrhafte Lehmböden. Sie bevorzugen feuchte Auenwälder, aber auch auf Feuchtwiesen sind sie anzutreffen. Man findet sie sogar in den südlichen Alpen bis zu einer Höhe von 2000 m. Staunässe mögen sie nicht. Auch eine natürlich vorkommende, gefüllte Art gibt es: G. nivalis plenum. Echte Naturstandorte sind hier für das Schneeglöckchen jedoch sehr selten und daher steht es unter Naturschutz. Es darf in der Natur nicht gepflückt werden. Oft trifft man jedoch größere Bestände in der Nähe ehemaliger Klöster an. Von dort haben sie sich ausgesiedelt. Wahrscheinlich wurden sie aus religiösen Gründen gepflegt (siehe unten).

Vermehrung

Das Schneeglöckchen vermehrt sich durch Samen und auch die Ameisen helfen bei der Verbreitung: Wenn der Fruchtknoten ausgereift ist, senkt sich der Blütenstängel nach unten, der Fruchtknoten platzt auf und die Ameisen machen sich begierig über die Samen, die einen kleinen, für sie leckeren Fortsatz besitzen, her und verteilen sie im Garten. Diese Verbreitung durch Ameisen nennt man Myrmekochorie.

Möchte man es selber vermehren, geschieht dies entweder durch die Teilung der Horste, sobald die Blätter beginnen welk zu werden und einzuziehen, oder man sät die Samen in offene Kästen. Die Samen müssen im Sommer schattiert werden. Allerdings ist eine sortenreine Anzucht schwierig. Schneeglöckchen hybridisieren leicht, d.h. sie kreuzen sich leicht mit anderen Schneeglöckchenarten.

Schneeglöckchenarten

Es gibt mittlerweile etliche 100 Sorten von Schneeglöckchen. In England ist eine richtige Schneeglöckchen-Manie ausgebrochen und der Ort Wisley mit zahlreichen Schneeglöckchenausstellungen ist regelrecht zu einem Wallfahrtsort geworden. Die 'Galanthomanie' entstand, als Soldaten nach dem 1. Weltkrieg von der Krim Zwiebeln von Galanthus plicatus mit nach England brachten und somit das Interesse auch anderer Pflanzensammler weckten.

Hier verschiedene Schneeglöckchenarten (nach RHS):

  • Galanthus allenii mit breiten, stumpfen etwas 6 cm langen Blättern und 2 cm langen Blüten mit markantem, grünen Fleck an den inneren Blütenblättern, duftet nach Mandeln, ist vermutlich eine Hybride aus dem Kaukasus;

  • Galanthus caucasicus in Gärten, mit 12 cm langen Blättern und 3 cm langen Blüten, blüht vom Herbst bis zum zeitigen Frühjahr, wird heute als eine Variante von G. elwesii angesehen, stammt vermutlich aus der Türkei;

  • Galanthus corcrycensis syn. G. reginae olgae;

  • Galanthus elwesii (Türkisches Schneeglöckchen) mit breiten, bereiften und z.T. gedrehten Blättern, 10-15 cm lang, blüht im späten Winter und duftet nach Honig, zwei teilweise ineinander verschmolzene grüne Flecken an den inneren Blütenblätter, Herkunft Balkan und West-Türkei; var. minor s. G. gracilis

  • Galanthus fosteri, schlank, Pflanze 8-20 cm hoch, die 1-2,5 cm lange Blüten besitzt, an den inneren Blütenblättern an der Basis und an der Spitze grüne Flecken, trockenheitsliebend, Herkunft Türkei und Libanon, bei uns nicht immer ganz frosthart, sie sollte mindestens 10 cm tief gepflanzt werden, um nicht blühende Zwiebeln zu reduzieren;

  • Galanthus gracilis, syn. G. elwesii var. minor, G. graecus in Gärten, schlank, 10 cm hohe Pflanze mit gedrehten und bereiften Blättern, 1,5-2 cm lange, weit geöffnete Blüten, an den inneren Blütenblättern mit 2 grünen Flecken, duftet, Herkunft Bulgarien, Griechenland, Türkei;

  • Galanthus graecus in Gärten s. G. gracilis;

  • Galanthus ikariae, syn. G. latifolius in Gärten und G. woronowii, breite, grüne, glänzende, 6-16 cm lange Blätter, Höhe 10-15 cm, Büten 1-3 cm lang mit großen, grünen Flecken an den inneren Blütenblättern, Herkunft Ägäis und Türkei;

  • Galanthus latifolius in Gärten s. G. ikarae;

  • Galanthus nivalis (s.o.); G. nivalis plenum, wie G. nivalis, jedoch natürlich entstandene, gefüllte Art;

  • Galanthus plicatus, ca. 20 cm hoch, breite, stumpfgrüne, 8-18 cm lange, zürückgebogene Blätter mit breitem Mittelstreifen, Blüten mit einem einzelnen grünen Fleck an den inneren Blütenblättern, Herkunft Rumänien, Ukraine (Insel Krim) und Nordtürkei; ssp. byzantinus mit grünen Flecken an der Spitze und der Basis der inneren Blütenblätter, Herkunft Nordwest-Anatolien;

  • Galanthus reginae-olgae, syn. G. corcyrensis, im Herbst blühende, zierliche Art mit schmalen, graugrünen, zurückgebogenen Blättern mit einem schmalen, wachsartigen Mittelstreifen, bis 6 cm lang, ca. 2,5 cm lange Blüten mit grünen Flecken an den inneren Blütenblättern, leicht duftend, trockene Standorte, Herkunft Sizilien, Griechenland, Gebiete des ehem. Jugoslawien, bei uns nicht ganz frosthart; ssp. vernalis blüht im Spätwinter bzw. Vorfrühling;

  • Galanthus rihensis, schlanke Pflanze mit schmalen, bereiften, bis 12 cm langen Blättern und 1,5-2 cm langen Blüten mit grünen Flecken an den Spitzen der inneren Blütenblätter, wird ca. 12 cm hoch, Herkunft Nordost-Türkei, die reine Art bei uns nicht ganz frosthart;

  • Galanthus worronowii s. G. ikariae.

Die einzelnen Sorten können z.T. erheblich variieren. Daher ist eine Bestimmung nicht immer ganz einfach.

Nicht ganz uninteressant dürfte sein, dass der Handel mit Schneeglöckchenzwiebeln eines der Hauptgeschäfte mit Kleinzwiebeln ausmacht. 1998 wurden über 14,5 Millionen Schneeglöckchenzwiebeln in Holland eingeführt, vorwiegend G. elwesii und G. ikariae, viele davon von Naturstandorten aus der Türkei. Die Ausfuhr anderer Arten ist nach türkischem Recht nicht erlaubt. Auch in Deutschland werden häufig G. elwesii vertrieben, was vielen Käufern nicht bewusst sein dürfte.

 

Giftigkeit

Das Schneeglöckchen ist in allen Teilen giftig. Es enthält Alkaloide wie Galanthamin und Lycorin. Diese verursachen bei Verzehr Magen- und Darmprobleme wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Die Pupillen sind erweitert. Damit schützt sich das Schneeglöckchen sehr wirksam vor dem Gefressen werden z.B. auch durch Wühlmäuse, denn die Alkaloide wirken auf die beschriebene Art bei allen Wirbeltieren. Auch die medizinische Forschung hat das Schneeglöckchen entdeckt: So soll das enthaltene Galanthamin geeignet sein, die Alzheimer-Erkrankung zu lindern.

Krankheiten

Schneeglöckchen sind anfällig für die Narzissenfliege und Grauschimmel (Botrytis galanthina). Der Grauschimmel kann mit Neem bekämpft werden. Falls er immer wieder auftritt, sollte der Standort überprüft werden. Luftige Standorte beugen Grauschimmel vor. Manchmal hilft nur das Vernichten der Pflanze.

Bei Befall mit der Narzissenfliege sollte überprüft werden, inwieweit sich ein Aufheben der Zwiebeln lohnt. Man kann sie in 44°C heißes Wasser legen, um die Maden abzutöten. Die umgebende Erde sollte beseitigt werden. Ausgelegte Kartoffelscheiben und Speisefliegen ziehen die Maden auch an, so dass sie aufgesammmelt werden können. Ist die Zwiebel jedoch sehr angegriffen und weich, sollte sie beseitigt werden.

Geschichten um das Schneeglöckchen

Um das Schneeglöckchen ranken sich auch kleine Geschichten. So heißt es, als Gott den Schnee erschuf, gab er ihm keine Farbe. Da wanderte der Schnee von Blume zu Blume und bat darum, dass sie ihm etwas von ihrer Farbe abgeben mögen. Aber alle Blumen weigerten sich. Nur das Schneeglöckchen hatte Mitleid und sagte: "Wenn dir mein Mäntelchen gefällt, kannst du es gerne nehmen." Seitdem ist der Schnee weiß. Und das Schneeglöckchen ist die einzige Blume, der der Schnee nichts tut.

Eine andere Geschichte erzählt, das sich die Schneeflocken nach der Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies in Blumen verwandelten - in Schneeglöckchen eben.

Und ein alter, fast vergessener Brauch: Schneeglöckchen sind auch ein Sinnbild für Reinheit und den nahenden Frühling. Am 2. Februar, dem Lichtmess-Tag, werden sie daher auf den Altar in der Kirche gestreut - daher wohl der Name "Lichtmess-Glöckchen", der mancherorts noch auftaucht.

Und zum Schluss für die Liebenden unter uns: Als Sinnbild steht das Schneeglöckchen für die keusche Jugendliebe. Wenn der schüchterne Liebende es bei sich trägt, hofft er auf Gegenliebe bei der Angebeteten.

 

Folgende Diskussionen zum Thema Schneeglöckchen gibt es im Forum:

Schneeglöckchen im Garten

Schneeglöckchen zwischenlagern

 

Quellen:

Literatur

The Royal Horticultural Society, Dumont's große Pflanzenenzyklopädie, Köln 1998, DuMont-Buchverlag; neu aufgelegt Dorling Kindersley Verlag, Starnberg, 2. Auflage, 2003

Webseiten

Camerabotanica - Galanthus, das Schneeglöckchen

Flower-pr - Gewöhnliches Schneeglöckchen

Planungsgruppe Digitalis - Schneeglöckchen (Galanthus spec.)

Giftzentrale Bonn - Das Schneeglöckchen

Der Biogärtner - Galanthus nivalis

Zauberpflanzen - Galanthus

 

Silvia - Text © 4.4.2004

Letzte Aktualisierung: 23.2.2015  -  © Garten-pur GbR