Baumrinde: Farbe und Struktur
Zusammenfassung:
Der Mensch mit ungeschärftem Blick wird wohl an den meisten laublosen als auch immergrünen Bäumen und Sträuchern gerade im Winter Zeit seines Lebens achtlos vorüber gehen. Wie schade für ihn, denn gerade auch viele 'übliche' und 'heimische' Gehölze können mit attraktivstem Wintererscheinungsbild aufwarten. Aber auch viele "Exoten" bieten unseren Sinnen einen ausgesprochen Festschmaus.
Das Buffet ist eröffnet ... !
Rindenfarbe und Rindenstrukturen unserer Bäume - Winteraspekte von Gehölzen Teil IIa
Vor einiger Zeit plauderte ich mit einem bekannten Gärtner. Im Laufe eines wie so oft inspirierenden Gesprächs legte ich ihm ein von mir klimaerprobtes, bei uns absolut seltenes Gehölz für seine Sortimentserweiterung ans Herz. Ich führte schließlich die besondere Auffälligkeit der Rinde für den winterlichen Garten ins Feld und dachte mir: "Jetzt ist er wohl restlos überzeugt!". Statt dessen kam ein resignierendes, verschmitztes Lächeln über seine Lippen. Sein etwas traurig klingender Kommentar: "Ja wissens, das mit der Rinde und unseren Kunden hier ist so eine Sache!"
Fazit: Viele Menschen nutzen das Potential der Gartengestaltung nur wenig und orientieren sich dabei oft nur daran, was beim Nachbarn wächst. Der hat Thuja und Apfelbaum im Garten. Und vielleicht eine Rose vom Aldi/Hofer. Nichts gegen den von mir geliebten Apfelbaum, aber es wird somit einem Gesetz des Marktes gefolgt. Angeboten wird das, was auch nachgefragt wird! Klar, aber auch schade.
Deshalb möchte ich, der "Absichtserklärung" in Teil I folgend, heute die wunderbaren Rinden der Gehölze unserer Gärten etwas näher betrachten. Folgen Sie mir auch diesmal auf einer winterlichen Gartenrunde und schärfen sie dabei ihren Blick - analog zu dem, was mein geliebter Kater zu meinem Ärgernis mit seinen Krallen an den Rinden macht (er ist der einzige der das darf) - an den Rindenfarben und Rindenstrukturen.
Dem, der darauf achtet, eröffnet sich das detailreiche, attraktive Wintererscheinungsbild der Gehölze. Denn im Sommer dominiert oft das üppige Blattwerk. Zusätzlich intensivieren manche Gehölze im Winter noch zusätzlich die Farbenpracht ihrer Rinden und setzen so neben der sommerlichen Blüte einen weiteren Höhepunkt für unser Auge.
Im Folgenden werden Gehölze genannt, die in meinem Garten wachsen. Sie stellen somit eine Auswahl dar, an der ich persönlich Gefallen finde. Einen Anspruch auf Vollständigkeit stelle ich nicht, denn das Reich der Gehölze ist in jeder Hinsicht schier unergründlich. Man denke nur an die vielen Arten innerhalb einer einzigen Gattung.
Platanus x hispanica (Platanus x acerifolia) - Die Ahornblättrige Platane
Sie ist eine Hybride aus Platanus occidentalis x Platanus orientalis. Winterhärtezone (WHZ) 6b. Sie ist in Mitteleuropa gut winterhart. Allerdings konnte ich schon massive südseitige Frostrisse an Exemplaren in sehr rauhen Spätfrostlagen oder in Kübelkultur (in Baumschulen) beobachten. Ich hatte diesbezüglich noch keine Probleme. Die Platane wächst zu einem Großbaum heran. Man sollte sich daher den Pflanzplatz wohl überlegen. Sie ist außerordentlich gut schnittverträglich und kann somit auch als Kopfbaum gezogen werden. In diesem Fall findet sie auch in mittelgroßen Gärten Platz und kommt dann auch mit trockeneren Standorten zurecht. Die Ahornblättrige Platane bildet schon in jungen Jahren ein attraktives Rindenbild aus, welches bis ins hohe Alter erhalten bleibt. Die Rinde blättert manchmal streifenförmig, in der Regel aber plattenförmig vom Stamm ab, und der Baum schmückt sich so mit einem in grün, gelblich und beige gehaltenen Rindenaquarell. Die Fruchtkugeln hängen an langen Stielen und schmücken den Baum den ganzen Winter hindurch.
Betula pendula - Die Hängebirke, Sand- oder Warzenbirke
WHZ 3 - Birken sind jene Laubbäume, die sich am weitesten in den hohen Norden vorzudringen getrauen. Für mich einer der schönsten Bäume überhaupt. Kein anderer Baum erreicht dieses Maß an fast akrobatischer Leichtigkeit und Eleganz. Wenn ich meinen Blick in ihre Kronen hebe, bin ich fast gezwungen mich hinzusetzten und ihrer Anmut einige Minuten zu schenken ... In ganz jungen Jahren ist die Rinde etwas bräunlich und verwandelt sich im Teenageralter in ein reines Weiß. Im adulten Zustand bildet sich eine schwarz gefurcht-rissige mit weiß vermischte Rindenstruktur, die selbst im Sommer nicht so leicht von Blättern überdeckt werden kann. Die Rinde von Betula utilis (Himalaja-Birke) - (WHZ 7a; in der var. jacquemontii angeblich härter, nämlich WHZ 6a, jedoch nicht immer leicht und klar zu unterscheiden) bleibt selbst im Alter reinweiß. Birken können sowohl in Gruppen als auch als Solitär begeistern. Ihr oberflächennahes Feinwurzelwerk stellt bezüglich möglicher Unterpflanzung gehobene Ansprüche an das Können des Gärtners. Es ist jedoch vieles möglich.
Pinus sylvestris - Die Gewöhnliche Kiefer
Auch die mächtigen Kiefern bieten einen gewaltigen Artenreichtum. Die bis in WHZ 1 (!!) harte gewöhnliche Kiefer entwickelt im unteren Stammbereich eine graubraune, dicke, längsgefurchte Rinde. Im oberen Drittel des Stammes bildet sich hingegen ein kräftiger, fuchsroter Farbton aus. Die Rinde blättert dort eher dünner ab. Dabei widerspricht sie ihrem deutschen Namen wohl erfolgreich. Sie ist alles andere als "gewöhnlich". Einen schärferen Kontrast zwischen blauem Himmel, weißem Schnee und dem Stamm dieser Kiefer ist wohl kaum vorstellbar. Besonders hübsch auch in Kombination mit Betula pendula. Ein weiterer, wegen seiner Rinde zu erwähnender Vertreter der Art ist Pinus bungeana (Bunges Kiefer, Tempel-Kiefer). Ihr Rindenbild erinnert an die Platane. Hier lösen sich kleinere, runde Schuppen in verschiedenen Grün- und Brauntönen. Allerdings ist mit WHZ 6b in Verbindung mit Spätfrostanfälligkeit ihre Verwendung nicht jedem möglich. Ich will es nächstes Frühjahr mal versuchen.
Gymnocladus dioicus - Der Amerikanische Geweihbaum
Der Amerikanische Geweihbaum ist mit WHZ 6a bei uns gut winterhart. Seinen Namen hat er entweder von der geweihartigen Struktur der Krone oder aber von den im Frühjahr erscheinenden Knospen, die mit bastartigen Haaren überzogen sind. Die Amerikaner nennen ihn auch Kentucky Coffee Tree, da seine Früchte früher von den Siedlern in Kentucky als Kaffee-Ersatz verwendet wurden. Im Sommer bezaubert er mit riesigen, fast tropisch anmutenden Fiederblättern, die im Herbst sehr früh ein intensives Gelb zeigen. Die Borke alter Bäume ist markant silber-grau und rissig. Interessant ist vor allem auch der Farbunterschied zwischen vor- und diesjähriger Rinde an jungen Trieben.
Pseudocydonia sinensis - Die Holzquitte
Die Holzquitte ist ein bei uns sehr selten erhältliches, wertvolles Gehölz, die nicht nur wegen ihrer guten Winterhärte (WHZ 5b) eigentlich weit mehr Verbreitung finden sollte. Die Beschaffung könnte Schwierigkeiten bereiten. Die damit verbundene Mühe lohnt aber. Die wunderbare Belaubung und die entzückenden Blüten sollen hier aber nicht im Mittelpunkt stehen. In der Jugend hat sie eine sehr dunkle, fast schwarze, glatte Rinde, die sehr dem Kanadischen Judasbaum - Cercis canadensis ähnelt. Im Alter löst sich die weiterhin glatte Borke schuppenförmig ab und kann dann eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Eisenbaum - Parrotia persica (welcher in Teil IIb - den Sträuchern - behandelt wird) nicht leugnen.
Acer griseum - Der Zimtahorn
Der Zimtahorn ist wohl eines der feinsten, edelsten Gehölze in unseren Gärten. Er wurde vom berühmten Pflanzensammler Wilson auf einer seiner abenteuerlichen Reisen in Szetschuan (China) entdeckt und 1901 erstmals nach Europa gebracht. Im Erwerb meist kein Schnäppchen, dennoch sollten wir hier nicht an der falschen Stelle knausern. Es zahlt sich auch definitiv aus, mit ihm ein wenig Geduld zu haben. Auch der Zimtahorn weist eine nicht zu verachtende Belaubung mit entsprechendem zartroten Farbenspiel bei Austrieb und im Herbst auf. Seine ästhetische Wirkung verdankt er aber vor allem seiner glatten, zimtbraunen Rinde, die sich schon an nur 4-jährigen Ästen in dünnen Streifen abzurollen beginnt. Was ein adulter Stamm in dieser Hinsicht zu bieten hat, kann man erahnen. Oft rollen sich auch mehrere hauchdünne Schichten gleichzeitig oder kurz nacheinander ab. Manchmal kommt dadurch sogar das darunterliegende grüne Bildungsgewebe zum Vorschein. Der Kontrast raubt einem den Atem. (diesbezgl. Informationen entnommen aus: Helmut Pirc, Ahorne, Ulmer) Mit WHZ 6b gut hart. An den Boden stellt der Zimtahorn keine besonderen Ansprüche. Licht, Luft- und Bodenfeuchtigkeit sind erwünscht, aber nicht unbedingt erforderlich. Auch Kalk ist kein Hindernis.
Liquidambar styraciflua - Der Amerikanische Amberbaum
So wie die Wühlmäuse seine Wurzeln, so liebe ich sein gesamtes Erscheinungsbild. Mit WHZ 6a kümmert der amerikanische Amberbaum sich wenig um den Winter. Zur Zeit verwundert er mich sehr, eigentlich mit jedem Tag mehr. Denn jetzt, mitten im Dezember, steht er bei mir noch vollbelaubt da. Die Blätter hielten minus 10 Grad Celsius problemlos stand. Die Herbstfärbung spielt alle Stückerl, von rot bis violett. Das ganze Jahr hindurch besticht er allerdings mit seiner Rinde in rotbrauner Farbe. Im Alter graubraun und rissig. Die Rinde wird, wie auch schon ganz junge Zweige und Äste, von unregelmäßigen Korkleisten überzogen - die eigentliche Außergewöhnlichkeit dieses Baumes. Ähnliche Korkleisten begegnen uns noch bei Phellodendron amurense (Amur-Korkbaum, WHZ 4). Ideal für den amerikanischen Amberbaum ist ein schwach saurer bis neutraler, frischer Boden. Unter diesen Bedingungen kommt er auch gegen zeitlich begrenzte starke Trockenheit an.
Die hier getroffene Auswahl nötigt zum zwangsweisen Verzicht auf viele andere wunderbare Rindenbild(n)er. Einige möchte ich noch kurz anführen:
Prunus serrula (Mahagoni-Kirsche, Tibetanische Kirsche): WHZ 6b, mit glänzender, mahagonibrauner, sich in Streifen abrollender Rinde. Eigentlich ein absolutes 'must have'! Völlig unerklärlich, dass sie bei mir fehlt.
Quercus robur (Stiel-Eiche): WHZ 5a, mit ihrer typischen braunschwarzen Eichenborke sei hier als Vertreter der vielen tollen Eichen genannt. Aus Platzgründen versuche ich mich zur Zeit an strauchförmig bleibenden Eichen; wie z.B: Quercus pontica (Pontische Eiche), die im Winter mit tollen, schuppigen Knospen besticht.
Castanea sativa (Edelkastanie, Esskastanie): WHZ 6b, mit ihrer drehwüchsigen, tiefrissigen Borke und den markanten, kantigen, kräftigen Jungtrieben muss einmal mehr hervorgehoben werden.
Sequoiadendron giganteum (Bergmammutbaum): WHZ 6b, soll hier als Vertreter der eindrucksvollen Taxodiaceae genannt werden. Seine im Alter dicke, weiche, schwammige, sich in schmalen Streifen ablösende rotbraune Rinde, welche bei alten Exemplaren den Baum sogar gegen Waldbrände unverletzbar macht, verleitet zumindest mich immer wieder zum Hingreifen.
Diese Liste könnte schier unendlich fortgesetzt werden. Mein Ziel ist hier jedoch keine erschöpfende Aufzählung, sondern der Versuch einer Sensibilisierung des Lesers und der Leserin bei Gehölzen nicht "nur" Blatt, Blüte oder Herbstfärbung zu beachten, sondern eben auch die meist ganzjährig attraktive Rinde. Gerade ihr kommt ja in der kalten Jahreszeit eine tragende Rolle zu. Sie soll im winterlichen Garten Hingucker bieten und unsere Gartenfreuden ohne Unterbrechung weiter wachsen lassen.
Falls bei der Lektüre dieses Artikels Fragen auftauchen sollten oder Ihr Interesse geweckt worden ist, können Sie am regen Austausch darüber im Gehölzeforum von Garten-pur teilnehmen. Ich würde mich darüber sehr freuen.
- Text und Bilder © 30.12.2003
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Letzte Aktualisierung: 23.2.2015 - © Garten-pur GbR