Gartenwürdigkeit der Rhododendren
Was macht die Rhododendren so einmalig? Leicht spöttisch könnte man feststellen, diese Pflanzenart zeichne sich allein schon dadurch aus, dass selbst einem Rilke kein Gedicht zu ihnen einfallen wollte. Das vordergründig Beeindruckendste ist zweifellos ihr Blütenreichtum, der je nach Art überwältigend sein kann. Da wir Gärtner es aber gelernt haben, genauer hinzusehen, erschließen sich uns weitere Attribute, wie Habitus und Blattform oder aber auch die Blattfarbe (13). Wenig Laubgehölze einer Art sind derart variantenreich, so dass sie auch in blütenloser Zeit Schmuckstücke das Gartens sein können. Wer über Rhododendren etwas ernsthafter nachdenkt, sollte zunächst die Bilder eines stereotypen Rh. catwabiense-Bewuchses, wie wir ihn aus den meisten Stadtparks oder traditionellen Privatgärten kennen, aus seinem Kopf verbannen. Rhododendron-Wildarten sind weitaus abwechslungsreicher und können das Gartenbild sehr bereichern, ohne deshalb gleich exotisch zu wirken.
Ein Wermutstropfen soll aber auch nicht verschwiegen werden: Wildarten sind, von Ausnahmen abgesehen, deutlich empfindlicher und betreuungsbedürftiger als Hybriden. Auch steht bei vielen Wildarten nicht der Blütenreichtum oder die Blütengröße im Vordergrund, sondern die Herausforderung, eine Vertreterin der originären Flora eines fernen Landes, mit dem besonderen Charme, der Wildpflanzen zu Eigen ist, in seinem Garten zu halten und zu bewahren und vielleicht auch zu vermehren. Sozusagen mitgeliefert wird das überaus spannende Spiel, erstrebenswerte Wildpflanzen überhaupt zu bekommen, ggf. sogar noch besonders seltenen Klonen hinterherzujagen, was sich nicht selten als ein zeitaufwändiges Geduldsspiel erweist. Umso größer ist dann die Siegerlaune, wenn das rare Pflänzchen allen Widrigkeiten zum Trotz doch noch gefunden wurde. Bedauerlicherweise ist das Pflanzenmaterial oft nicht in dem gesunden Zustand, wie wir es von anderen Gehölzen gewohnt sind. Das Angebot ist eben, von wenigen Allerweltsarten einmal abgesehen, recht klein und die Statur vieler Wildarten ist auch von Hause aus nicht eben sonderlich kraftstrotzend. Aber das sind allenfalls ärgerliche Nebensächlichkeiten für den wahren Rhodoholic, der sehr schnell Maß und Ziel vergessen kann und in seiner Hybris die Natur und insbesondere das Klima herausfordert. Uns sind in Deutschland im Vergleich zu England, ja selbst zu dem kalten Ostteil von Schottland recht enge Grenzen gesetzt, was es bei der Beurteilung der in den Angebotskatalogen verwendeten Begriffe „hardy" und „very hardy" zu berücksichtigen gilt. Für Deutschland müsste vielleicht das Attribut „extremely hardy" gewählt werden. Aber was hilft es, wenn der eine Gartenbesitzer klimagünstig in einem Weinbaugebiet wohnt, während der andere in einem Frostloch sitzt, wo alle anspruchsvolleren Pflanzen (er-)frieren.
Letzte Aktualisierung: 20.2.2006 - © Garten-pur GbR