Der Einfluss der Sensorgröße auf die Schärfentiefe bzw. Tiefenschärfe
Nehmen wir ein (leidlich) modernes Smartphone in die Hand und nähern uns damit einem Motiv. Wir gehen nah ran. Knackiges Foto (Abb. 1) ... aber es ist nix mit einem ruhigen unscharfen Hintergrund. Das mag man ja, in diesem und ähnlichen Fällen, ok finden. Aber hier, Abb. 2? Da wäre es doch schön, wenn der eingewachsene Baum im Vordergrund, das Motiv, sich scharf vor dem unscharfen Gebäude im Hintergrund abheben würde. - Wieso ist das nicht so?
Machen wir mal einen Vergleich anhand eines von schräg oben fotografierten alten Holzelements. Abbildung 3 zeigt das Foto mit einem Smartphone (iPhone 6, Objektivbrennweite 4 mm = KB-Äquivalent 29 mm), Abbildung 4 das Foto mit einer Systemkamera im mFT-Format (Olympus OM-D E-M1 mit 17 mm = KB-Äquivalent 34 mm). Beide Fotos wurden mit Blende 2,2 geschossen. Auch wenn Aufnahmewinkel, Abstände, Brennweiten nicht genau identisch sind, sieht man doch genau, wie viel geringer die Tiefenschärfe des Fotos mit der OM-D ist, und wie viel ruhiger der unscharfe Bereich dargestellt wird.
Was macht hier den Unterschied? - Ist es die Sensorgröße? Indirekt schon. Der Sensor des iPhone ist ca. 4,9 x 3,7 Millimeter 'klein', der der OM-D ist im mFT-Format, d.h. 17,31 mm x 12,98 mm 'groß'. Um einen ähnlichen Bildwinkel zu erzeugen wie die OM-D E-M1 mit 17 mm Brennweite, benötigt das Smartphone ein Objektiv deutlich kleinerer Brennweite, nämlich 4 mm. Und je geringer die Objektivbrennweite ist, desto größer ist bei demselben Aufnahmeabstand die Tiefenschärfe.
Wenn man einen ähnlichen Bildwinkel erzielen möchte, dann gilt: Je kleiner der Sensor, desto kleiner die Objektivbrennweite und um so größer die Tiefenschärfe - dieselbe Blende vorausgesetzt. Und umgekehrt: Je größer der Sensor, desto länger die Brennweite, damit ist die Tiefenschärfe geringer.
Für viele Motive, auch im Nahbereich, muss die größere Schärfentiefe einer Smartphonekamera ja nicht stören, im Gegenteil. Kann man doch so gute Fotos von Blüten und Pflanzen machen, auf denen dank der großen Tiefenschärfe alles scharf abgebildet wird. In Abb. 5 habe ich sogar noch einen Weitwinkelvorsatz benutzt und so eine KB-äquivalente Brennweite von 18 mm im Einsatz: Gibt doch die Mohnblüten in der Gartensituation ganz nett wieder. Oder Abb. 6, ein Landschaftsfoto im Herbst, ohne weiteren Zusatz. - Das ist informativ, und es mag genau das sein, was man mit dem Foto bezwecken will. Und man ist mit kleiner, leichter Ausrüstung unterwegs ...
Nur wenn es denn um Nahaufnahmen mit unscharfem Hintergrund geht, dann kommen wir mit üblichen Smartphones aus physikalischen Gründen nicht weit. Aber man arbeitet an Lösungen. So verfügen einige Top-Modelle mittlerweile über mehrere Objektive, aus denen mit der internen Software ein Bild mit unscharfem Hintergrund errechnet wird. Und es gibt auch zusätzliche Apps, die Hintergründe unscharf rendern. Bei Portraits von Menschen funktioniert das bereits ganz leidlich, und man darf gespannt sein, was die technische Entwicklung noch bringt.
Für heute und die nähere Zukunft gilt: Wer Nahaufnahmen mit unscharfen Hintergründen machen will, der nimmt am besten eine DSLR oder Systemkamera mindestens im MFT- oder APS-C-Format, idealerweise im Kleinbildformat? - Das ist richtig. Und reißt die Blende weit auf.
Umgekehrt gilt aber auch: Wer gerne kleine Objekte mit hinreichender Tiefenschärfe abbilden möchte, der profitiert von den kürzeren Brennweiten von Kameras mit kleineren Sensoren, also z.B. MFT-Format.
Es ist halt eine Entscheidung zu treffen, welche Art Fotos man machen möchte. Denn je größer das Sensorformat, desto größer und schwerer die Ausrüstung. Und auch der Preis der Ausrüstung will bedacht sein.
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Letzte Aktualisierung: 20.9.2018 - © Garten-pur GbR