Was ist Bokeh?
Bokeh ist ein Wort aus der japanischen Sprache und bedeutet ‘verschwommen'. Im Zusammenhang mit Fotografie und Objektiven bezieht sich der Begriff auf die unscharfen Partien eines Fotos, und zwar nicht auf den Grad der Unschärfe, sondern auf deren ästhetische Qualität. Damit ist die Einschätzung eines Bokehs als ‘schön' oder ‘unschön' zu einem gewissen Teil auch subjektiv.
Das Bokeh ist die charakteristische Eigenschaft des verwendeten Objektivs, wie es die unscharfen Partien eines Fotos abbildet. Es gibt da sehr große Unterschiede. Manche Objektive sind berühmt und beliebt wegen ihres sanften oder aber speziellen Bokehs, während andere ein eher unschönes, unruhiges Bokeh aufweisen. Die Charakteristik eines speziellen Objektiv-Bokehs wird zum einen von der Bauweise des jeweiligen Linsensystems geprägt, zum andern von Art und Anzahl der Blendenlamellen. Bokeh ist nicht zu verwechseln mit Tiefenschärfe (oder Schärfentiefe). Tiefenschärfe ist eine von der Objektivbrennweite und der Blende abhängige Eigenschaft. Sie bezeichnet den scharf abgebildeten räumlichen Bereich des Fotos. Offene Blende und lange Brennweite bewirken geringe Tiefenschärfe, Abblenden oder kürzere Brennweite vergrößern die Tiefenschärfe. Bokeh dagegen bezieht sich auf die unscharfen Bildbereiche außerhalb der Tiefenschärfe.
Wie sich das Bokeh eines Objektives ausprägt, ist vor allem vom Abstand des scharf gestellten Motivs von unscharfen Bildpartien davor und dahinter abhängig. Größere Abstände sind besser, um einen stärkeren Grad der Verschwommenheit zu erreichen. Andererseits ist es oft gerade interessant, wie ein Objektiv im Übergangsbereich von Schärfe zu Unschärfe abbildet.
Eine wichtige, vom Fotografen kontrollierbare Größe ist die gewählte Blende. Je nach Vorder- und Hintergrundgegebenheiten reguliert sie die Tiefenschärfe und damit eben auch den unscharfen Bereich, in dem sich das Bokeh auswirkt. Davon abgesehen können verschiedene Objektive bei unterschiedlichen Blendenwerten auch unterschiedliche Bokehqualitäten zeigen.
Deshalb ist die Qualität des Bokehs nicht nur für Fotos mit ganz offener Blende interessant, sondern auch bei Abblendung. Objekte im Hintergrund können z.B. bei ganz offener Blende in einem mehr oder weniger konturlosen Rauschen verschwinden, wohingegen sie bei leichter bis mittlerer Abblendung noch erkennbar sein können. Und gerade dabei ist es interessant, wie das ein bestimmtes Objektiv darstellt.
Die physikalische Erklärung zum Bokeh: Wenn ein Punkt des fotografierten Objektes scharf gestellt ist, dann vereinigen sich alle Lichtstrahlen, die von diesem Punkt ausgehen und durch das Objektiv fallen, wiederum in einem Punkt auf dem Film bzw. Sensor. Wenn ein Punkt des Objektes nicht scharf gestellt ist, dann liegt der Punkt, in dem sich diese Lichtstrahlen vereinigen, vor oder hinter dem Sensor. Dort, wo diese Lichtstrahlen auf den Sensor treffen, zeigt sich ein Kreis. Dieser Kreis hat die Form der Blendenöffnung. Abgesehen von der Form der Blendenöffnung, die je nach Objektiv anders aussehen kann, betrifft dies alle Objektive gleichermaßen.
Hinzu kommt die sog. sphärische Aberration. Damit bezeichnet man die Tatsache, dass sich durch eine Linse / ein Objektiv einfallende Lichtstrahlen eines scharf gestellten Objektpunktes eben nicht in einem Abbildungspunkt schneiden. Die sphärische Aberration ist eine Folge der Laufweite der Lichtstrahlen, denn weiter außen durchs Linsensystem laufende Strahlen haben einen etwas weiteren Weg zum Abbildungspunkt.
Ferner gibt es noch die chromatische Aberration, die Folge der unterschiedlichen Wellenlängen der Farben des Lichtes ist.
Konstrukteure von Objektiven versuchen, durch Kombination verschiedener Linsen diese Aberrationen zu korrigieren und so möglichst scharf zeichnende Objektive zu bauen. Aus der Summe der Faktoren ergibt sich letztlich die Charakteristik des Objektivs.
Jetzt noch ein paar Worte zu den Bokeh-Eigenschaften verschiedener Objektive. Leitz-Optiken zeigen vielleicht das schönste, sehr samtige Bokeh, dagegen sind viele Zeiss-Objektive eher auf extreme Schärfe hin korrigiert. Viele moderne Optiken der großen Hersteller wie z.B. Canon und Nikon haben oft ein eher unruhiges Bokeh, insbesondere die Zooms. Aber bei lichtstarken Festbrennweiten dieser und anderer Hersteller findet man auch ein schönes Bokeh. Und es gibt auch Objektive, die es ermöglichen, die Art und Intensität des Bokehs zu verändern (z.B. AF DC Nikkor 105 mm 2,0).
Eine Besonderheit sind Objektive, deren Rendering einen gewissen räumlichen Effekt zu erzeugen scheint: "Bei Leica (und später auch bei Minolta) lag der Fokus auf einer optimalen Balance zwischen Mikrokontrast und allgemeinem Kontrast (d. h. höchste MTF-Werte für 60 lp/mm und (nur) gute für den wichtigen Bereich von 10-30 lp/mm), was der Abbildung durch die Wiedergabe feinster Oberflächenstrukturen bei ansonsten eher weicher Darstellung eine gewisse Dreidimensionalität verleiht ..." (Zitat nach Olypedia).
Rechts ein paar Beispiele, alle mit Olympus mFT-Kameras, d.h. Cropfaktor 2: Alle Brennweiten x 2 für Kleinbildäquivalent.
1: Olympus m.Zuiko 1,8 17 mm bei Blende 2. Schön ruhiger Hintergrund trotz der Vielfalt der Formen und der leichten Weitwinkelbrennweite.
2: Olympus Digital Zuiko 2,0 150 mm bei Blende 2,8. Schönes Bokeh bei dem Schaf, das zur Kamera schaut. Angenehmes Rendering des silbrigen Drahtzauns im Hintergrund.
3: Olympus Digital Zuiko 2,0 150 mm mit 2fach Telekonverter bei Blende 4. Wunderbares Bokeh in den ins Unscharfe verlaufenden Fellpartien.
4: Olympus Digital Zuiko 2,0 50 mm bei Blende 2. Wunderbar weicher Verlauf der Unschärfe.
5: Helios 44 M4 1:2 58 mm mit Adapter von M42 auf mFT, Blende 4. Schöner Verlauf der Unschärfen, dabei noch gute Erkennbarkeit der Details.
6: Jupiter 9 2,0 85 mm mit Adapter von M39 auf mFT. Abgeblendet auf 4. Charakteristisches Bokeh mit leicht räumlichen Effekt - der Hahn scheint richtig ‘vor' den unscharfen Bildpartien zu stehen.
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23.10.2014 - © Garten-pur GbR