Eine Garten-pur Empfehlung
Das Gartenfotobuch
von Meyer-Rebentisch, Karen
dpunkt Verlag Heidelberg
1. Aufl. 2016
gebunden 278 Seiten
„Das Gartenfotobuch“ von Karen Meyer-Rebentisch ist eine sehr gute Einführung in dieses Gebiet der Fotografie. Das Buch ist reich bebildert, was die im Text behandelten Themen sehr anschaulich macht. Um es kurz in einem Satz vorab auf den Punkt zu bringen: Das Buch ist das beste zum Thema, das ich kenne. - Aber nun soll doch eine ausführlichere Besprechung folgen.
Die Autorin leitet ein mit der nicht unwichtigen Frage, welche Zielsetzung man verfolgt, wenn man einen Garten / Gärten überhaupt fotografieren möchte. Geht es etwa darum, Blüten so abzubilden, dass sie zur Bestimmung dienen können oder um sich mit anderen Pflanzeninteressierten auszutauschen, oder sind stimmungsvolle, vielleicht gar verträumte Bilder das Ziel? Im ersten Fall wird es darauf ankommen, die Blüte möglichst präzise und scharf abzubilden, während im zweiten Fall Unschärfen und kreative Belichtungen ihre Berechtigung haben können. Solche und andere grundlegende Zielsetzungen bestimmen über die Herangehensweise und technische Umsetzung der Fotos.
Es folgt ein Kapitel zur geeigneten Ausfrüstung. Was für eine Kamera soll es sein? Was lässt sich bereits mit Smartphones oder Kompaktkameras erreichen, was bieten Bridge, Systemkamera oder dSLR mehr? Bei den letzteren Kamerakategorien werden auch die Vor- und Nachteile der verschiedenen Formate (Vollformat, APS-C, Micro-Fourthirds) diskutiert. Anschließend kommen die Objektive an die Reihe: Universalzoom, Normal- und Tele-Festbrennweiten, Makroobjektive. Meyer-Rebentisch gibt hier konkrete Empfehlungen, die auf ihrer eigenen, großen Erfahrung auf diesem Gebiet beruhen. Eine kleine kritische Anmerkung sei aber erlaubt: Die Autorin empfiehlt einerseits ein Standardzoom 18 bis 55 mm, andererseits ein Normalobjektiv mit 50 mm Festbrennweite – dies ist vielleicht für Anfänger etwas verwirrend, weil sich der Brennweitenbereich des Zooms auf das APS-C-Format bezieht, während die Brennweite von 50 mm für das Normalobjektiv auf das sog. Vollformat bezogen ist. Ebenso gilt die Brennweitenangabe von 100 mm für ein Makroobjektiv für das Vollformat. - Ausführlich werden Stative und Stativköpfe erläutert, die sich für die Gartenfotografie gut eignen, und, was ich besonders praxisrelevant finde, Tipps zu Klemmen gegeben, mit denen sich die Pflanzen bildgerecht arrangieren lassen, abgerundet mit Hinweisen für Aufhell-Techniken.
Dann geht es an die Aufnahmetechnik: Belichtung mit den drei Einflussfaktoren Blende, Belichtungszeit und Empfindlichkeit, Belichtungsmessung und -korrektur, Weißabgleich – gut verständlich und immer mit konkreten Tipps. Ebenso gut nachvollziehbar werden Fokussierung und Tiefenschärfe abgehandelt. Kurz, knackig und gut ist der Tipp der Autorin, wer in welchem Format (Raw oder JPEG) fotografieren sollte.
Die anschließenden Kapitel widmen sich dann der eigentlichen Fotografie im Garten – von der Totalen (der Garten oder Gartenbereiche im Ganzen) über Detailfotos bis in den Nah- und Makrobereich. Sehr gut finde ich die Überlegungen zur Bildkomposition oder auch dazu, wie man überzeugende 'gestellte' Fotos machen kann. Gastbeiträge wie der von Cora Banek (Blüten im Detail und abstrakt inszenieren) ergänzen die Ausführungen, und Exkurse wie „Damit es fleucht und kreucht“ geben interessante Anregungen, die in die Gartenanlage und -gestaltung hinüberreichen, etwa wenn es um die Vorzüge eines Gartenteiches oder einer Trockenmauer nicht nur fürs Fotografieren, sondern auch um die ökologische Vielfalt geht. Auch hierzu gibt es noch einen Gastbeitrag von Christop F. Robiller.
Spannend ist das Kapitel „Gartenreportagen“. Reportagen erzählen, emotionalisieren, ziehen ins Geschehen. Wie man das macht, das legt Meyer-Rebentisch anhand guter Beispiele dar.
Es folgen Kapitel zu den Jahreszeiten, mit grundlegenden Überlegungen wie „Lieber pastellig zart oder leuchtend bunt?“, Hinweisen zu den optimalen Tageszeiten und Lichtverhältnissen, technischen Aspekten. Ein Exkurs von Birgit Hübner widmet sich dem schönen Thema „Blütenaquarelle im Frühlingslicht“. Im Sommer-Kapitel stehen Fragen des Lichts im Vordergrund, das besonders zur Mittagszeit zu hart sein kann, und der Leser erfährt Interessantes über Schwierigkeiten und Möglichkeiten der Tomaten-Fotografie – durchaus auch auf andere Früchte übertragbar. Im Herbst bilden Farbkontraste und die besonderen Lichtverhältnisse Schwerpunkte, natürlich wird auch das Vergängliche zum Thema. Ein Exkurs widmet sich fotografischen Serien z.B. von Gartenzäunen. Der Winter mit seinen besonderen fotografischen Herausforderungen und Chancen beschließt die Jahreszeitenkapitel. Hier widmet sich ein Gastbeitrag von Christoph F. Robiller der „Vogelfotografie an der Futterstelle im eigenen Garten“.
Das folgende Kapitel „Licht“ ist für mich eines der interessantesten. Von 'Licht erkennen' über technische Überlegungen und HDR-Fotografie bis hin zur Fotografie in Dämmerung und Nacht, mit einem Gastbeitrag von Renate Waas „Gartenfotografie nach Sonnenuntergang“ – hier wird auch der fortgeschrittene Fotograf noch Anregungen finden.
Es folgt „Fotografieren als Gast“, wo es nicht nur um fremde Gärten, sondern auch um öffentliche Anlagen geht, und wo unter anderem rechtliche Fragen behandelt werden.
Das Kapitel zur Bildbearbeitung widmet sich den wichtigen Schritten in der Nachbearbeitung. Die Autorin beschränkt sich zu Recht auf das Wesentliche, denn das Thema würde, ausführlich behandelt, den Rahmen des Buches sprengen. Insofern ist auch verständlich, dass sich Meyer-Rebentisch hier auf die Software Lightroom bezieht, mit der sie arbeitet – man wird ähnliche Funktionen meist auch in anderen Bildbearbeitungsprogammen finden.
Abschließend geht es noch darum, wie man Fotos präsentiert – als Poster oder großes Bild an der Wohnzimmerwand, als Fotobuch oder Online in Blogs oder Foren.
Eines der wichtigsten Elemente in diesem Buch sind die Fotos. Das sind nicht nur ausnahmslos schöne oder interessante Bilder, sondern sie sind oft auch mit Kommentaren zur angewendeten Technik und mit den Überlegungen versehen, die zu genau diesem Bild geführt haben. Das ist nicht nur für Anfänger hilfreich, sondern gibt auch fortgeschritteneren Fotografen oft gute Anregungen. Leider bleibt die Druckqualität des Buches etwas hinter der Qualität des Inhalts zurück. Aber das ist m.E. nicht so wichtig, denn die Fotos lassen trotzdem immer deutlich werden, worum es geht.
Das Buch lässt sich systematisch von vorne bis hinten lesen, aber genau so gut kann der Leser das herauspicken, was ihn besonders interessiert.
Insgesamt kann ich dieses Buch nur uneingeschränkt empfehlen.